Internal Investigations – Buchert Jacob Peter

Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers bei sexuellen Belästigungen

Einleitung

Die #MeToo-Debatte ist medial etwas in den Hintergrund gerückt, doch sexuelle Belästigung bleibt ein drängendes Thema, besonders im Kontext von New Work, wo digitale Kommunikation über Videokonferenzen, Chats und E-Mails an Bedeutung gewinnt. In diesem Umfeld sind zudem falsche Anschuldigungen und unrichtige Meldungen gestiegen. Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem solche Vorfälle minimiert werden und gleichzeitig ein wertschätzendes Miteinander gefördert wird. Der vorliegende Beitrag beleuchtet insbesondere nicht-körperliche sexuelle Belästigungen, die rechtlichen Rahmenbedingungen und bietet Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Pflichten des Arbeitgebers

Gemäß § 12 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) trifft den Arbeitgeber nicht nur die Pflicht, bestehende sexuelle Belästigungen aufzuklären, sondern auch präventiv und repressiv tätig zu werden. Arbeitgeber haben die Verantwortung sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer über sexuelle Belästigung informiert sind und wissen, welche Verhaltensweisen inakzeptabel sind.

  • Prävention: Arbeitgeber sind verpflichtet, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um sexuelle Belästigungen zu verhindern. Dazu gehört, dass sie Schulungen anbieten, in denen die Themen sexuelle Belästigung und die sensiblen Grenzen im Arbeitsalltag behandelt werden. Es ist entscheidend, dass alle Mitarbeitenden die relevanten Inhalte verstehen, denn sexuelle Belästigung kann nicht nur körperliche, sondern auch verbale und nonverbale Formen annehmen.
  • Aufklärung: Bei Verdacht auf sexuelle Belästigung ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem nachzugehen. Es obliegt nicht dem betroffenen Arbeitnehmer, alle Beweise selbst zu beschaffen; der Arbeitgeber muss aktiv werden und alle Beteiligten anhören, um eine objektive Klärung herbeizuführen. Der Arbeitnehmer hat zudem das Recht, die Arbeit zu verweigern, wenn dies notwendig ist, um sich vor Belästigungen zu schützen. Es ist zu empfehlen, externe Experten mit einer internen Ermittlung zu beauftragen. Interne Ermittlungen durch erfahrene Berater sind ein unverzichtbares Werkzeug für Unternehmen, um Compliance und ethische Standards zu wahren. Sie bieten nicht nur frühe Warnhinweise für potenzielle Probleme, sondern fördern auch eine positive Unternehmenskultur, tragen zur rechtlichen Absicherung bei und helfen, die Reputation des Unternehmens zu schützen.
  • Reaktion: Wird ein Verdacht bestätigt, muss der Arbeitgeber adäquate Maßnahmen ergreifen, die von einer Abmahnung bis hin zu einer Kündigung reichen können. Er muss dabei jedoch die Schwere des Vorfalls und die Reaktionen des betroffenen Arbeitnehmers berücksichtigen. Bei einer Erstanzeige kann eine klare und transparente Reaktion dazu führen, dass das Problem weiterhin im Unternehmen bearbeitet werden kann, ohne das Vertrauen in die Unternehmensführung zu untergraben.

Herausforderungen bei der Beweisführung

Der Arbeitgeber muss in der Lage sein, transparent zu handeln und sowohl die Belästigungen als auch die Reaktionen zu dokumentieren, um mögliche rechtliche Konsequenzen abzuwenden. Dabei besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit, da das Gericht bei Kündigungsschutzprozessen eine andere Maßstab als beim AGG-Prozess anwendet. Der Arbeitgeber muss flexibel und sensibel agieren, auch wenn die Rechtslage oft unklar ist und die Wahrnehmungen unterschiedlich ausgeprägt sein können.

Präventive Maßnahmen

Um sexuelle Belästigung präventiv entgegenzuwirken, ist es erforderlich, klare Verhaltensrichtlinien und Schulungen für die Mitarbeiter zu implementieren. Dies kann auch durch externe Experten geschehen.

  • Betriebsvereinbarungen/Richtlinien: Arbeitgeber sollten in Abstimmung mit dem Betriebsrat klare Richtlinien für den Umgang mit sexuellen Belästigungen entwickeln. Diese Richtlinien müssen allen Mitarbeitern kommuniziert werden, um Unsicherheiten zu beseitigen.
  • Verhalten: Es sollten konkrete Verhaltensregeln aufgestellt werden, die eindeutig machen, welche Aussagen oder Handlungen inakzeptabel sind. Solche Regeln helfen, Missverständnisse zu vermeiden und schaffen eine klare Grundlage für das Miteinander im Unternehmen.
  • Ansprechpartner und Beschwerdeverfahren: Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter wissen, an wen sie sich im Falle von Belästigungen wenden können. Beschwerdeformulare und Vertrauenspersonen sollten etabliert werden, um den Betroffenen eine Möglichkeit zur Äußerung zu geben, ohne Angst vor negativen Folgen zu haben.

Handlungsempfehlungen bei bestätigten Verdachtsfällen

Wenn ein Verdacht auf sexuelle Belästigung auftaucht und sich bestätigt, muss der Arbeitgeber entscheiden, wie er reagiert. Dies bedeutet, dass er die Schwere des Vorfalls abwägen und geeignete Maßnahmen ergreifen muss. Versetzungen oder Kündigungen können erforderlich sein, besonders wenn der belästigende Mitarbeiter sein Verhalten nicht einsehen möchte.

  • Einigung auf Versetzungen: Eine einvernehmliche Versetzung der beteiligten Personen kann dazu beitragen, eine weiterhin produktive Arbeitsatmosphäre zu gewährleisten. Die Arbeitsverträge können modifiziert werden, um zusätzliche präventive Maßnahmen zu integrieren, wie beispielsweise eine Erhöhung der Homeoffice-Tage.
  • Rechtliche Risiken: Arbeitgeber müssen sich bewusst sein, dass Vereinbarungen, die gemeinsam erarbeitet werden, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, rechtlich problematisch sein können. Der Verzicht auf rechtliche Schritte muss klar und transparent kommuniziert werden, um die Meinungen aller Beteiligten einzubeziehen.

Abschluss und Ausblick

Sexuelle Belästigungen haben am Arbeitsplatz keinen Platz. Arbeitgeber sind in der Mitverantwortung, ein respektvolles und sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen. Dabei sind präventive Maßnahmen und die rechtzeitige Klärung von Konflikten essenziell, um rechtlichen Problemen und Schäden für das Unternehmensimage vorzubeugen. Die Balance zwischen der Wahrnehmung der Mitarbeiterrechte und der Unternehmenskultur ist entscheidend. In Fällen schwerwiegender Verstöße ist die fristlose Kündigung der richtige Schritt, während bei weniger gravierenden Vorfällen einvernehmliche Lösungen angestrebt werden sollten.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine umfassende Auseinandersetzung mit den rechtlichen Vorgaben und eine aktive Sensibilisierung der Mitarbeiter unerlässlich sind, um sexuelle Belästigungen effektiv zu bekämpfen und ein respektvolles Miteinander im Unternehmen zu fördern.


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Dies bedeutet unter anderem folgende Zusatzqualifikationen und Erfahrungen:

  • Fachanwalt / Fachanwältin für Strafrecht
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  • Mitverfasser des Handbuches „Internal Investigations: Ermittlungen im Unternehmen“ 
  • Ombudspersonen für über 60 Unternehmen