Auskunftsanspruch bei internen Ermittlungen
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 5. Kammer – 5 Sa 1046/22
Sachverhalt
Die Parteien befinden sich im Streit über den Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO und über Schadensersatz.
Der Kläger, 63 Jahre alt, ist seit dem 15. Oktober 1990 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Er arbeitet seit dem 1. Januar 1993 als Verkaufsleiter im Außendienst und erhielt zuletzt ein Bruttomonatsgehalt von 11.402 EUR, inklusive leistungsabhängiger Prämien. In den vergangenen Jahren erhielt er überwiegend positive Bewertungen.
Die Beklagte ist Teil eines US-amerikanischen Lebensmittelkonzerns mit etwa 1.900 Mitarbeitern in Deutschland. Der Kläger ist dem Standort in B. zugeordnet, wo ein Betriebsrat existiert. Er arbeitet hauptsächlich im Homeoffice und leitete bis Anfang 2022 ein Außendienstteam von etwa 10–14 Mitarbeitern. Im Juni 2021 informierte die Betriebsratsvorsitzende die Beklagte über Mobbingvorwürfe einer Mitarbeiterin gegen den Kläger. Trotz mehrerer Mediationsversuche blieb der Konflikt ungelöst, was zu einer Leistungsbewertung für diese Mitarbeiterin führte, die sie nur teilweise erfüllte. Es wurden interne Ermittlungen eingeleitet.
Der Kläger erhielt bis Ende Januar 2022 keine weiteren Informationen über den Stand der Ermittlungen. Pochen auf seinen Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO sah er als notwendig an, um Einblick in die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und die durchgeführten Gespräche zu erhalten. Insbesondere interessierte ihn, ob die Interviews eine objektive Bewertungsgrundlage
Der Kläger erhielt bis Ende Januar 2022 keine weiteren Informationen über den Stand der Ermittlungen. Pochen auf seinen Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO sah er als notwendig an, um Einblick in die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und die durchgeführten Gespräche zu erhalten. Insbesondere interessierte ihn, ob die Interviews eine objektive Bewertungsgrundlage darstellten oder ob diese von den vorherigen Mobbingvorwürfen beeinflusst waren. Im März 2022 hat der Kläger schließlich Klage erhoben, um sowohl die Aus
Der Kläger erhielt bis Ende Januar 2022 keine weiteren Informationen über den Stand der Ermittlungen. Pochen auf seinen Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO sah er als notwendig an, um Einblick in die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und die durchgeführten Gespräche zu erhalten. Insbesondere interessierte ihn, ob die Interviews eine objektive Bewertungsgrundlage darstellten oder ob diese von den vorherigen Mobbingvorwürfen beeinflusst waren. Im März 2022 hat der Kläger schließlich Klage erhoben, um sowohl die Auskunftserteilung zu erzwingen als auch Schadensersatzansprüche aufgrund der vermeintlichen Ruf
Im Dezember 2021 schilderte die Gewerkschaft der Mitarbeiterin Schwierigkeiten in der beruflichen und privaten Trennung. Zudem wurde der Beklagten eine WhatsApp-Nachricht vorgelegt, die den Kläger in einem kompromittierenden Licht darstellte. Am 22. Dezember 2021 bot die Beklagte dem Kläger eine Abfindung zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses an, was dieser ablehnte. Daraufhin führte die Beklagte vom 11. bis 19. Januar 2022 Interviews mit den Teammitgliedern, in denen Fragen zu Führungsstil, Arbeit-Privatleben und persönlichen Beziehungen gestellt wurden. Der Kläger, der ab dem 17. Januar 2022 arbeitsunfähig war, erhielt im Februar 2022 eine Umfrage zu diesen Themen, die er beantwortete.
Am 11. März 2022 forderte der Kläger eine Auskunft gemäß Art. 15 DS-GVO und Kopien seiner personenbezogenen Daten an. Eine Ermahnung wegen des versendeten Urlaubsbildes erhob er später gegen seine Personalakte. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass sie bis zum 11. Mai 2022 Auskunft erteilen werde. Nach dieser Frist erhielt der Kläger Auskünfte und Kopien, jedoch teilweise geschwärzt.
Im Rahmen seiner Klage forderte der Kläger:
- Auskunft über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten;
- Kopien aller relevanten Dokumente;
- Zahlung von 1.000 EUR nebst Zinsen;
- Schadensersatz in Höhe von mindestens 20.000 EUR.
Die Beklagte wies den Antrag zurück und argumentierte, dass sie den Auskunftsanspruch erfüllt habe und keine weiteren ungeschwärzten Unterlagen herausgeben müsse. Das Amtsgericht Brühl wies die Klage ab. Der Kläger legte Berufung ein, die teilweise erfolgreich war, insbesondere was den Auskunftsanspruch betrifft.
Entscheidung
Der allgemeine Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien aller personenbezogenen Daten in den Akten oder dem IT-System der Beklagten ist unzureichend konkretisiert, insbesondere hinsichtlich der Ansprüche auf „sämtlichen Schrift- und E-Mailverkehr“ in Bezug auf die Anschuldigungen.
Anders verhält es sich mit dem zweiten Teil des Antrags, der ungeschwärzte Gesprächsprotokolle betrifft. Diese werden in geschwärzter Form bereits zur Verfügung gestellt und sind bezüglich der betroffenen Gespräche klar identifizierbar. Daher kann über diesen Teil des Antrags entschieden werden.
Der Berufungsantrag ist in Bezug auf die ungeschwärzten Protokolle und den Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die ungeschwärzten Protokolle (von Interviews) zur Verfügung zu stellen.
Der Anwendungsbereich der DS-GVO ist gegeben, da diese Vorschriften für die Verarbeitung personenbezogener Daten gelten. Die Beklagte ist als „Verantwortlicher“ anzusehen und muss den Auskunftsanspruch des Klägers erfüllen. Teilweise geschwärzte Kopien sind nicht ausreichend, da sie nicht alle personenbezogenen Informationen enthalten.
Der Auskunftsanspruch bleibt auch dann bestehen, wenn der Kläger angibt, diese zur Beweissicherung gegen Mobbing nutzen zu wollen. Der Anspruch auf ungeschwärzte Kopien ist nicht ausgeschlossen, selbst wenn Geheimhaltungsinteressen Dritter im Raum stehen. Die Beklagte muss spezifisch darlegen, welche Daten geheim gehalten werden müssen, um die Verweigerung der Auskunft zu rechtfertigen.
Der Kläger hat nicht nachweisen können, dass die Beklagte durch ihre Handlungen eine widerrechtliche Verletzung seiner Gesundheit begangen hat, und somit steht ihm kein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Es kann auch nicht als schwerwiegender Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht angesehen werden, wenn die Beklagte das private Urlaubsbild in der Ermahnung ansprach oder ihm angeboten wurde, das Arbeitsverhältnis zu beenden.
Insgesamt wurde entschieden, dass die Beklagte zur Bereitstellung ungeschwärzter Kopien der Gesprächsprotokolle verpflichtet ist, während die anderen Ansprüche des Klägers abgelehnt wurden.
Die Revision ist unter dem Aktenzeichen BAG 8 AZR 173/23 anhängig. Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 20.12.2018 (Aktenzeichen 17 SA 1118) sollte ebenso bekannt sein.
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